Adventszeit 2016 - Erzbistum Köln - page 33

gefragt. Breker überlegte nicht lange, dann sagte er Martin
Rösler zu. Rösler ist Diözesangeschäftsführer der Malteser
im Erzbistum Köln. „Bedürftigkeit verändert sich permanent.
Ohne klassische Themen wie Rettungs- und Sanitätsdienst
zu vernachlässigen, müssen wir uns als Malteser, die sich
seit über 900 Jahren verpflichtet haben, Kranken und Armen
zu dienen, diesen Veränderungen immer wieder neu stel-
len“, sagt Rösler. In den Jahren 2003 und 2004 habe man
vermehrt wahrgenommen, dass es im Raum Köln-Bonn eine
steigende Anzahl nicht krankenversicherter Menschen gab,
die sich zum Teil ohne gültige Aufenthaltserlaubnis in
Deutschland aufhielten. Auch zahlreiche deutsche Staats-
bürger, die ihre Krankenversicherungsbeiträge nicht mehr
zahlen konnten, hätten oft keinen Zugang zu einer geord-
neten medizinischen Versorgung. „So kam uns die Idee, in
Anbindung an das Malteser Krankenhaus St. Hildegardis mit
ehrenamtlichen Ärzten die Malteser Migranten Medizin auf-
zubauen. Als wir 2005 mit Dr. Breker und einem Behand-
lungsraum begonnen haben, konnten wir nicht ahnen, dass
der Bedarf an medizinischer Hilfe so groß war und noch
immer ist, und dass die Malteser Migranten Medizin einmal
diese Bedeutung für die Versorgung nicht krankenversicher-
ter Menschen haben wird.“
Erfolg durch Kompetenz
Köln war nach Berlin der Ort mit der zweiten Malteser
Migranten Medizin. Das gute Beispiel der Nächstenliebe hat
Schule gemacht: Inzwischen gibt es in 16 deutschen Städten
diese mehrfach ausgezeichnete Einrichtung der katho-
lischen Hilfsorganisation. Immer donnerstags hat Breker
Sprechstunde. Für ihn ist es nicht nur der christlich geprägte
Wunsch, anderen zu helfen. „Es ist auch die Freude an der
Medizin, am Arztsein, ohne umständliche Verwaltung, Fall-
pauschalen und ohne jegliche Hierarchie. Wenn man dann
noch Leben retten kann, kommt auch noch eine große inne-
re Befriedigung hinzu“, sagt Breker, der in seiner beson-
nenen, unaufgeregten, große Kompetenz ausstrahlenden
Art beruhigend auf die Patienten wirkt.
Vertrauensvolles Klima
Paul Müller (Name geändert) kommt seit Monaten regelmä-
ßig zu Breker in die Sprechstunde. Der großgewachsene
55-jährige Mann ist durch seine Krankheit gezeichnet. Es
gab Zeiten, da hat der IT-Fachmann „richtig fett Kohle“
gemacht, wie er lächelnd erklärt. Doch die Zeiten sind vorbei.
Müller lebt in einer Wohngemeinschaft. Er ist krankenversi-
chert. „Aber die Kasse zahlt nicht mehr, weil ich monatelang
Malteser Migranten Medizin
2015 wurden rund 3600 Patienten behandelt. 86 Prozent der Patienten konnte
mit den Mitteln der ambulanten Versorgung geholfen werden. 12 Prozent wur-
den an Fachärzte überwiesen, die zum Netzwerk der Malteser Migranten Medi-
zin gehören. 2 Prozent der Patienten waren so schwer erkrankt, dass eine
stationäre Behandlung im Krankenhaus erforderlich war.
Malteser Krankenhaus St. Hildegardis (Haus Rita)
Bachemer Str. 29-33, 50931 Köln
die Beiträge nicht überwiesen habe.Aber man bleibt trotzdem in der
Krankenkasse“, erklärt Müller achselzuckend. Als es ihm richtig
schlecht ging, wies ihn ein Bekannter auf die Malteser Migranten
Medizin hin. Zuerst habe er gezögert.Als es nicht mehr anders ging,
sei er doch in die Praxis gegangen. „Hier bin ich freundlich auf-
genommen und gut behandelt worden. Die Malteser haben mir
das verloren gegangene Gefühl wiedergegeben, dass in
Deutschland jeder medizinisch versorgt wird“, sagt Müller, der
nach eigenen Worten aus einer „Mischung aus Stolz und
Scham“ kein Hartz IV beantragt.
Breites Ärzte-Netzwerk
Was 2005 als Ein-Mann-Unternehmen mit bescheidenem medizi-
nischem Equipment begonnen hat, ist mittlerweile eine gut ausge-
stattete Praxis mit Röntgengerät, zwei Zahnarztbehandlungsstühlen
und anderem medizinischen High-Tech-Gerät – das meiste gespen-
det. Aus dem Einzelkämpfer ist ein Team geworden, das aus Allge-
meinmedizinern, Internisten, Dermatologen,Augen- und Kinderärzten
sowie Zahnmedizinern besteht. Unter der Schirmherrschaft von Kar-
dinal Rainer Maria Woelki werden die Malteser auch in Zukunft für
die Menschen da sein, „weil Nähe zählt“.
22 ehrenamtlich tätige Ärzte kümmern
sich um Menschen ohne Krankenversicherung.
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