Adventszeit 2016 - Erzbistum Köln - page 15

Sympathischer Polizist
„Persönliche Begegnungen relativieren unser Schubladendenken –
ein Gespräch kann Vorurteile nachhaltig ins Wanken bringen“, sagt
Kern und erinnert an den Polizisten, den sie einmal als Buch enga-
giert hatte. Eine Frau, die sich der linksautonomen Szene zugehörig
fühlte, kam als Leserin vorbei. Sie hat sich den Polizisten ausgeliehen
und wollte ihm wohl vor allem ihre Meinung geigen. Die beiden
sprachen dann miteinander, erst eine halbe, dann eine ganze Stunde.
„Und am Ende sagte die Frau: Ich teile zwar nicht die Meinung des
Polizisten, aber er war mir zumindest sympathisch.“ Damit, so Kern,
sei doch schon viel erreicht. Auch Ladan, die Somalierin, merkt
immer wieder, wie „vorgefertigt“ die Meinung vieler Menschen ist,
die ihr begegnen. „Die meisten sind total überrascht, dass ich
akzentfrei Deutsch spreche“, sagt die 19-Jährige, die in Bonn gebo-
ren wurde. Weil sie ein Kopftuch trage – „und zwar ganz bewusst,
weil ich zu meiner Identität stehe“, wie sie betont – gingen ihre
Gesprächspartner auch meist nicht davon aus, dass sie 2015 Abitur
gemacht hat und bald ein Studium der Soziologie beginnt. Ihr Ziel:
„Ich möchte in die Wissenschaft.“
Akademischer Flüchtling
Für Kern sind diese „Aha-Effekte bei den Lesern“ das, worauf es
ankommt. Bei Menschen mit Fluchterfahrung falle das besonders
auf: „Viele denken, da sitzt ein armer, ungebildeter Flüchtling –
und dann stellt sich heraus, dass er besser Englisch spricht als sein
Gegenüber oder sogar eine akademische Ausbildung hat. Der
Diözesan-Caritasverband hat die ,Lebende Bibliothek’ vor knapp
drei Jahren nach dänischem Vorbild ins Leben gerufen – bundes-
weit war das Projekt damals einzigartig.“ Kern und ihr Projektteam
blicken auf Dutzende Veranstaltungen mit mehr als 275 Stunden
Dialog, 250 lebenden Büchern sowie 584 Leserinnen und Lesern
zurück. Ein Erfolg – auch für die Bücher selbst. „Wir können den
Menschen unsere ganz persönlichen Geschichten erzählen“, sagt
Ladan, die Somalierin. „Das hilft, um etwas mehr Verständnis zu
bekommen.“
Die „Lebende Bibliothek“ ist mobil und kann
als Veranstaltung gebucht werden.
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