AdventsZeit 2017
44 www.adventsundsommerzeit.de Von Martin Mölder „Sindorf bittet zu Tisch“ heißt ein Projekt, das bereits zum zweiten Mal von der Sozial- raumarbeit Sindorf in Trägerschaft des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) Rhein-Erft-Kreis in Kooperation mit der Kolpingstadt Kerpen und der katholischen Gemeinde St. Maria Königin in Kerpen- Sindorf durchgeführt wurde. H erreinspaziert“, das ist das erste, was ich an diesem Abend von meinem Gastgeber Christian Schröer, höre. Und ich sehe einen gut 1,90 Meter großen Mann mit freundlichem Lächeln und strahlenden Augen, der mich in seine Wohnung bittet. Ich bin heute zum Abendessen eingeladen. Bei einem Mann, den ich nicht kenne und mit anderen Gästen, die ich ebenso wenig kenne. Und genau das ist die Idee von „Sindorf bittet zu Tisch“. Nachbarn durch ein gemeinsames Essen miteinander ins Gespräch zu bringen, ihnen die Möglichkeit zu geben, sich kennen und schätzen zu lernen. „Im digitalen Alter sind wir schnell mit Menschen verbunden die mei- lenweit entfernt sind, aber der Kontakt zum Nachbarn nebenan geht immer mehr verloren. Um das zu ändern, zumindest einen Tag, einen Abend lang, machen wir diese Aktion“, sagt Katarzyna Kowala-Stamm, Koordinatorin der Sozialraumarbeit im Ort, die gemeinsam mit Katharina Nüdling, die für die Engagementförderung in mehreren Kirchengemeinden zuständig ist, „Sindorf bittet zu Tisch“ in diesem Jahr zum zweiten Mal organisiert hat. Zwölf Gäste, zwölf Geschichten Ein Albaner, zwei Syrer, eine dreiköpfige Familie aus Eritrea und sechs Deutsche – das ist die Gesellschaft, die Christian Schröer heute Abend gemeinsam mit der Integrationsbeauftragten der Kolpingstadt Kerpen, Annette Seiche, bewirtet. „Ich bin hier eigentlich die einzige Einheimi- sche“, sagt sie, „der Hans-Jürgen kommt aus Schwaben, Christian ist Münsterländer und Zita ist ausWestfalen.Wir haben also alle Migrations- hintergrund.“ Schnell ist man bei leckerem, typisch deutschem Nudelsalat und Frikadellen miteinander im Gespräch. Ich erfahre, wie herzlich die beiden Syrer hier in Deutschland aufgenommen wurden, wie die eri- treische Familie mit ihrem jetzt sechs Monate alten Baby sich bereits bestens integriert hat, und dass Joan, der junge Albaner, einen Ausbil- dungsplatz in der Pflege bekommen hat. „Ich kannte hier niemanden und nach kurzer Zeit reden wir bereits über so viele Dinge. Das hätte ich nicht erwartet“, sagt er und Hans-Jürgen Bröcker, Ortsvorsteher und Schirm- herr der Aktion, bestätigt das. „Wir lernen die Menschen beim Essen anders kennen als sonst. Man kommt automatisch miteinander ins Gespräch. Und wir erfahren so viel voneinander.“ Vergangenes Jahr war Jürgen Bröker selbst Gastgeber bei „Sindorf bittet zu Tisch“. Heute lässt er sich bekochen von Christian Schröer, der die lebendige, fröhliche Stim- mung in seiner Wohnung sichtlich genießt. Ein Viertel, 47 Nationen Der Berufssoldat hat vor drei Jahren einen Lehrgang „Multiplikator für interkulturelle Kompetenz“ besucht. Diese eine Woche hat Schröer ver- ändert. Seitdem setzt er sich für ein respektvolles Miteinander der Men- schen in seinem Wohngebiet ein. „Ich bin stolz auf dieses Viertel, auf diese 47 Nationen hier, die jetzt meist völlig friedlich zusammenleben.“ Ergebnis seines Einsatzes ist der „Platz der Integration“, auf den wir von seinem Balkon aus herunterblicken. Dass dieser Ort mit Spielplatz für die Kinder erhalten blieb und diesen Namen bekam, ist vor allem sein Verdienst. Aber auch seine private Wohnung ist oft so ein „Platz der Integration“. „Meine Eltern haben es vorgelebt. Selber nichts haben, aber sich für andere einsetzen – das war eine Art Lebensmotto von ihnen“, erzählt er und des- halb war es fast schon logisch, dass er sich bei „Sindorf bittet zu Tisch“ als Gastgeber beworben hat „Viele Menschen in meiner Wohnung zu haben, ist nicht neu für mich. Einer der syrischen Flüchtlinge war völlig überrascht, dass es hier einfach so ein Abendessen gibt. Er ist jetzt seit vier Stunden hier und scheint sich richtig wohl zu fühlen. Das ist großartig.“ Vier Orte, 45 Gäste An insgesamt vier Standorten wurde in Sindorf an diesem Abend gekocht, gegessen und erzählt. Das Jugendzentrum hatte sich ebenso als Gastgeber beworben wie Christian Schröer und Annette Seiche und noch zwei Privat- haushalte. Mehr als 40 Gäste sind gekommen aus insgesamt zehn verschie- denen Nationen. Insgesamt haben viele Institutionen und Akteure die Aktion unterstützt. Ein großer Erfolg, freut sich Katarzyna Kowala-Stamm: „Wir haben so viele positive Rückmeldungen. Wer weiß, vielleicht zieht diese Aktion ja noch weitere Kreise über Sindorf hinaus.“ Ich gehe an die- sem Abend, nach dem Eis-Dessert, nicht nur satt, sondern mit einer ähnlich guten Stimmung nach Hause wie die anderen Gäste von Christian Schröer. Und der Erkenntnis, dass ein gemeinsames Essen wahrscheinlich wesentlich mehr Miteinander schaffen kann als so mancher Integrationsgipfel. ❖ Offene Herzen, offene Wohnung Miteinander geht durch den Magen. Beim gemeinsamen Abendessen, bei Nudelsalat und Frikadellen, kommen sich die Gäste der Aktion „Sindorf bittet zu Tisch“ näher. Menschen schützen. Werte bewahren. Filialdirektion Rheinland Alter Militärring 43 . 50933 Köln Telefon 0221 17915449 fd-rheinland@vrk.de Eine gesegneteWeihnachtszeit und einen friedvollen Jahreswechsel wünschen Ihnen Ihre Versicherer im Raum der Kirchen. Das Licht ist in die Welt gekommen Johannes 3, 19
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